Die 4-Stunden-Woche von Timothy Ferriss

Timothy Ferriss Die 4-Stunden-Woche

„Die 4-Stunden-Woche“ von Timothy Ferriss ist der nächste provokative Titel, den ich hier vorstellen möchte. Dieses Buch zähle ich auch zu den Werken, die mich in meinem Denken maßgeblich beeinflusst hat, weshalb ich in diesem Artikel ausführlich auf den Inhalt eingehen werde. Es geht dabei um eine neue Denkweise über unser Arbeitsleben und warum es keinen Sinn macht, seine Zeit gegen Geld (=Gehalt) einzutauschen. Timothy Ferriss hat selbst mehrere Jahre als Angestellter und auch als Selbstständiger mit einem erfolgreichen Unternehmen gearbeitet, bis er kurz vor dem Burnout stand. Er reiste daraufhin nach Europa, um sich zu erholen und fand einen Weg, wie seine Firma auch ohne ihn funktionieren konnte. Diese Erkenntnis verpackte er unter dem Begriff „Lifestyledesign“ und nennt seine Strategie DEAL, auf die noch genauer eingegangen wird. Dabei ist es von großer Bedeutung, ein Dealmaker zu sein, der das folgende Prinzip versteht:

„Realität ist verhandelbar. Abgesehen von dem, was Gesetze und Naturgesetze festlegen, können alle Regeln gebeugt oder gebrochen werden. Und das ist keine Frage von Moral oder Unmoral.“

Die Realität in der Arbeitswelt ist nicht in Stein gemeißelt und oftmals haben wir uns selbst in das Hamsterrad eingesperrt. Es klingt daher undenkbar, bereits mit Mitte 30 oder sogar früher in den „Ruhestand“ zu gehen, da man ein System entwickelt hat, das für einen Geld verdient.

Mit diesem Gedanken im Hintergrund stelle ich hier seine vier Schritte der DEAL-Strategie vor, die ein orts- und zeitunabhängiges Arbeiten ermöglichen sollen.

D wie Definition

Zuerst einmal stellt Ferriss eine neue Subkultur vor, die er die Neuen Reichen (NR) nennt. Diese Menschen haben ein System entwickelt, das für sie ein Einkommen generiert, ohne dass sie selbst langfristig viel Zeit darin investieren müssen. Mit der gewonnenen Zeit haben sie die Freiheit, genau das zu tun, worauf sie Lust haben oder was ihnen Spaß macht. Dabei muss in erster Linie das Vorurteil überwunden werden, dass viel Arbeit auch gleich viel Profit und Ansehen (=Fleiß) bedeutet.

„Weniger zu arbeiten bedeutet nicht, faul zu sein.“

Für viele Menschen ist es schwierig, das Ergebnis ihrer Arbeit zu bewerten. Daher messen sie die Qualität ihrer Arbeit an dem Zeitaufwand, die sie dafür benötigen. Somit bringt das „Zeitopfer“ mehr Selbstwertgefühl und ein positiveres Feedback vom Chef und den Kollegen. Dass aber in dieser Zeit viel sinnlose Arbeit verrichtet worden ist und oftmals ineffektiv gearbeitet wurde, fällt unter dem Tisch. Es ist in unserer Kultur gängig, dass das persönliche Opfer höher bewertet wird, als die persönliche Produktivität und genau hier muss man mit dem Umdenken beginnen. Ein NR verbringt weniger Stunden im Büro, produziert aber bessere Ergebnisse als mehrere Nicht-NR und das sollte an Bedeutung zunehmen.

Daneben sollen auch andere übliche Glaubenssätze in unserer Gesellschaft hinterfragt werden, wie den Mythos um den richtigen Zeitpunkt für einen Jobwechsel/ ein Kind/ eine Reise etc. (den richtigen Zeitpunkt gibt es einfach nicht!) und die Aussage, dass man an seinen Schwächen arbeiten soll. Hier ist es viel effizienter seine Stärken auszubauen, als viel Zeit zu investieren um etwas zu erzwingen, wofür man einfach nicht gemacht ist.

Hat man neue Denkansätze für sich festgelegt, muss man seine Angst definieren. Diese Angst verhindert oftmals, dass man sich traut seine Träume zu verwirklichen. Aber was wäre, wenn man sich einmal das Worst-Case-Szenario ausmalt? Timothy Ferriss war in dieser Lage, als ihn sein eigenes Unternehmen alle Nerven raubte. Er dachte über sein Worst-Case-Szenario nach und bewertete dies auf einer Skala von 1-10 (1=keine Auswirkungen, 10=dauerhafte Lebensveränderung). Sein Unternehmen zu verlieren bewegte sich zwischen den Werten 3 und 4, aber die neugewonnene Freiheit hatte für ihn einen Wert von 9 oder 10 auf der Skala (=Best-Case-Szenario). So gegenübergestellt, brachte es ihm mehr Mut, sein Vorhaben zu wagen und nach Europa zu reisen. Sobald Ferriss das konkrete Worst-Case-Szenario keine Angst mehr machte, kamen ihm auch Gedanken und Ideen, wie er über die Runden kommen könnte, sodass gleichzeitig auch schon neue Lösungsansätze für sein Problem bereitstanden. Es ist daher von großer Bedeutung, sich seiner Angst zu stellen, indem man sie definiert.

„Es ist leichter, das Unrealistische zu tun als das Realistische.“

Der letzte Teil des ersten Schrittes zur Selbstverwirklichung ist die Verfolgung eines unrealistischen Zieles. Dahinter steckt die Motivation und Inspiration, die ein auf dem ersten Blick unerreichbares Ziel ausstrahlt. Timothy Ferriss geht sogar soweit zu sagen, dass es leichter ist, ein unrealistisches Ziel zu erreichen als ein durchschnittliches Ziel. Zum Beispiel ist es einfacher die schönste Frau in einer Bar anzusprechen als die zweit- oder drittschönste Dame, an die sich die meisten noch eher rantrauen. An der Spitze ist es häufig einsam und da herrscht keine große Konkurrenz. Diese These gilt auch in anderen Bereichen des Lebens. Auf die lange Sicht, hält die Motivation bei einem unrealistischen Ziel länger an, da man weiß, wofür es sich lohnt, die Mühen auf sich zu nehmen. Bei einem mittelmäßigen Ziel gibt man viel eher auf.

Hat man sich einmal die unrealistischen Ziel gesteckt, gilt es diese genau zu definieren und klare Schritte auszuarbeiten, um an sein Ziel zu kommen.

E wie Eliminieren

Der zweite Buchstabe der DEAL-Strategie ist das Eliminieren von Zeitfressern. Es handelt sich aber nicht um einen 08/15-Zeitoptimierungsmethode, sondern viel mehr um einen cleveren Umgang mit der Ressource Zeit. Timothy Ferris wendet das so genannte „Pareto-Gesetz“ 80/20 an: 20% des Inputs sorgen für 80% des gesamten Outputs. Anders ausgedrückt werden zum Beispiel 80% der Unternehmensgewinne mit nur 20% der Produkte erwirtschaftet, oder 80% der Ergebnisse resultieren aus 20% des gesamten Aufwands. Dieses Prinzip lässt sich nahezu auf alle Lebensbereiche anwenden, wobei die Zahlen 80/20 kein festgelegter Wert ist, sondern lediglich die Gewichtung der Verhältnisse aufzeigt. Wie sieht dies nun in der Praxis aus? Ferriss stellte sich folgende zwei Fragen:

„Welche 20% aller Kunden/ Vorkommnisse verursachen 80% meiner Probleme und meines Kummers?“

„Welche 20% aller Maßnahmen sorgen für 80% der erwünschten Ergebnisse und somit dafür, dass ich glücklich bin?“

Er analysierte seine Kundenliste, fand heraus, dass gerade mal 5% von seinen 120 Großhandelskunden für 95% seines Umsatzes sorgten. Diese 5% kauften bei ihm, ohne dass er sie überzeugen musste durch ständiges nachtelefonieren. Er hörte also auf, den restlichen 95% seiner Kundschaft hinterherzurennen, verlor auch einige Kunden, die aber zu der problematischen Sorte gehörten, indem er nicht mehr alles versuchte um diese zufrieden zustellen (was sehr viel Zeit und Nerven kostete). Im Gegenzug nahm er sich mehr Zeit für die wichtigen 5% der Kunden, um denen einen Top-Service zu bieten. Auch analysierte er die Gemeinsamkeiten dieser Kundengruppe um so gezielt neue Kunden anzusprechen. Das Ergebnis war eine Steigerung des Umsatzes, bei weniger zeitlichem und nervlichem Aufwand.

Ein wohl umstrittener Punkt in der „4-Stunden-Woche“ ist die Informationsdiät. Das ist ein Punkt den ich selbst auch lebe, das heißt, ich schaue und lese keine Nachrichten. Timothy Ferriss nennt dies, eine selektive Ignoranz zu kultivieren.

„Die meisten Informationen sind negativ, schlucken viel Zeit, haben nichts mit ihren Zielen zu tun und unterliegen nicht ihrem Einfluss.“

Dabei kann ich die Erfahrung, die Ferriss gemacht hat nur bestätigen, denn er hat in der Zeit kein wichtiges Ereignis, das in der Welt passiert ist, verpasst. Er hat sogar bei der letzten amerikanischen Präsidentschaftswahl seine Stimme abgegeben, indem er gezielt die Menschen nach der Meinung gefragt hat, die eine ähnliche Gesinnung wie er hatte und danach hat er Menschen befragt, die außerhalb des Kulturkreises waren (zu der Zeit hielt Ferriss sich in Berlin auf). Dann schaute er sich die Fernsehdebatte an und gab seine Stimme ab. In gewisser Hinsicht hat Ferriss seine Informationsgewinnung outgesourced und spart sich damit Zeit und Nerven.

A wie Automation

Der dritte Schritt, die Automation, ist die Delegierung von Aufgaben an andere. Timothy Ferriss empfiehlt daher Aufgaben an einen virtuellen Assistenten (VA) abzugeben, um sich selbst mehr Zeit freizuräumen. Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob der Assistent die Aufgabe besser oder schlechter als man selbst machen kann (Stichwort: Perfektionismus), da das Ziel die gewonnene Zeit ist, in der man sich um wichtigere Angelegenheiten kümmern kann. Wichtig ist dabei, dass man nichts delegiert, was man vorher nicht bereits eliminieren kann, siehe vorherigen Punkt. Nur dann macht das Delegieren oder Automatisieren wirklich Sinn und verschwendet nicht die Zeit eines anderen. Dieses System lässt sich auch für einen Angestellten in einem Unternehmen realisieren, sofern es sich nicht um vertrauliche Daten handelt. Zum Beispiel können zeitaufwändige Botengänge und sonstige persönliche Pflichten an einen Assistenten abgegeben werden.

L wie Liberation

Der letzte Schritt beinhaltet die Befreiung von der Ortsgebundenheit. Die meisten Menschen sind an den Ort gebunden, wo sie auch arbeiten, wie zum Beispiel Familien, die in andere Städte ziehen müssen, weil ein Elternteil einen neuen Job angenommen hat. Ein anderes Beispiel sind Fernbeziehungen. Dabei ist ein Neustart in einer neuen Stadt nichts schlechtes, aber es ist schöner, wenn man sich unabhängig vom Job aussuchen kann, wo man leben möchte. Wer seinen Job nicht an den Nagel hängen möchte, rät Ferriss den Chef Schritt für Schritt zu überzeugen, dass man mit Telearbeit oder Homeoffice mehr leisten kann, als wenn man ins Büro kommt. Entscheidend sind messbare Ergebnisse und eine widerrufbare Testphase, die bei Erfolg ausgedehnt wird.

Ein Kernthema in diesem letzten Schritt ist der „Mini-Ruhestand“. Anstatt auf das Ende des Arbeitslebens zu warten um dann im hohen Alter sich die Reiseträume zu verwirklichen (vorausgesetzt man ist noch gesund und die Rente reicht aus) sollte man lieber in regelmäßigen Abständen bereits in jungen Jahren Mini-Ruhestände einräumen. Dies ist nur dann möglich, wenn man zeit- und ortsunabhängig arbeiten kann. Anstatt 1-2 Wochen im Jahr eine mit Programm vollgepackte stressige Reise (=“Gewalturlaub“) zu machen, da man ja nicht mehr Urlaubstage zur Verfügung hat, lieber regelmäßig für mehrere Wochen aussteigen. Ferriss selbst nimmt sich drei bis vier Mini-Ruhestände im Jahr, um Energie zu tanken, neue Ideen zu sammeln oder einfach eine neue Fähigkeit oder Sprache zu lernen.

Timothy Ferriss hat es mit seiner DEAL-Strategie geschafft, seine reine Arbeitszeit auf wöchentlich 4 Stunden zu reduzieren, was unglaublich klingt. Ich habe nicht alle Schritte in diesem Buch umgesetzt, aber es regte mich zu einem grundlegenden Umdenken an und unsere gesellschaftlichen Normen zu hinterfragen. Wer das Gefühl hat, täglich in einem nicht endenden Hamsterrad zu strampeln, dem kann ich dieses Buch nur wärmstens empfehlen. Es gab mir wirklich Hoffnung und das Wissen, dass auch andere Wege im Leben möglich sind, die uns so die Gesellschaft nicht beibringt.

Alle Zitate sind übernommen aus Timothy Ferrriss: „Die 4-Stunden-Woche“, 1. Auflage Juli 2015, erschienen im Ullstein Taschenbuch Verlag

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Die 4-Stunden-Woche: Mehr Zeit, mehr Geld, mehr Leben

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2017-02-14T13:37:35+01:00 Mindset|0 Comments

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